Was dir dein Text sagen will – Journal-Einträge entschlüsseln durch Reflexion

Was dir dein Text sagen will – Journal-Einträge entschlüsseln durch Reflexion

Die Einträge im Tagebuch oder Journal sind Momentaufnahmen: Aus einer Stimmung heraus geschrieben, im Hier und Jetzt entstanden. Sie erzählen davon, was dich bewegt hat, was du gedacht und gefühlt hast, wie du mit dir selbst gesprochen hast, was du erlebt hast. Genau deshalb sind sie ein wahrer Schatz, um Botschaften, Themen und Zusammenhänge in deinem Leben zu erkennen.

Reflexion direkt nach einem Journal-Eintrag schreiben

Wie das Schreiben deiner Einträge kann auch das Schreiben von Reflexionen zu einem festen Bestandteil deiner Journaling-Routine werden. Es sind nur wenige Minuten, die du dafür an das Schreiben hängst.

Nachdem du in dein Journal geschrieben hast, lies dir den Eintrag noch einmal durch und unterstreiche Wörter, die dir wichtig erscheinen oder von denen sich gerade etwas in dir angesprochen fühlt. Schreib anschließend eine kurze Reflexion. Das kann ein Satz oder ein paar mehr sein, in dem du deinen Eindruck festhältst.

Mögliche Fragen für die Reflexion:

  • Während ich das lese, fällt mir auf …
  • Beim Lesen fühle ich mich …
  • Mich überrascht …
  • Ich sehe …

Wenn du regelmäßig deine Einträge reflektierst, kannst du dir von Zeit zu Zeit diese Reflexionen vornehmen und schauen, was sich mit der Zeit verändert.

Lose Fäden miteinander verbinden

Reflexion schafft Distanz und hilft, eine andere Perspektive einzunehmen. Was du heute erlebst, lässt sich oft erst im Nachhinein einordnen. In dem Moment, in dem du ins Journal oder Tagebuch schreibst, kannst du das Ganze noch nicht sehen, und noch nicht wissen, was passierten wird.

Um lose wirkende Fäden miteinander zu verbinden, kannst du Einträge auswählen,

  • die ein Thema gemeinsam haben
  • mit einer vergleichbaren Situation, in der du dich heute befindest
  • in denen sich deine Wortwahl/Stimmung/Gefühle/Gedanken ähneln
  • die in einer bestimmte Phase deines Lebens liegen.

Lies sie dir nacheinander durch, reflektiere und schreibe Fragen dazu auf, auch wenn du im Moment vielleicht noch keine Antwort darauf findest. In der Rückschau lassen sich Zusammenhänge herstellen, die du im Erleben nicht sehen konntest. Ich habe zum Beispiel erst beim Durchlesen meiner Einträge erkannt, in welchen Situationen ich Migräne bekommen habe.

Zu (inneren) Bildern und Metaphern schreiben

Das Unterbewusstsein spricht in Symbolen und Bildern. Sie verstecken sie vor allem in frei und intuitiv geschriebenen Texten. Begegnet dir ein Bild öfter in deinen Einträgen oder in einem Traum, kannst du es in einer Reflexion näher betrachten – und vielleicht auch durch das Schreiben entschlüsseln.

Spannend sind auch die äußeren Bilder oder Symbole, die dir wiederholt im Alltag begegnen, etwa eine Katze, die dir öfter begegnet, oder die Gartentür, die in letzter Zeit offen steht. Nimm dieses Bild aus Ausgangpunkt und schreib darüber.

Welche Erfahrung hast du gemacht: Reflektierst du regelmäßig deine eigenen Texte?

Das Schreiben ist mein Spiegel

Das Schreiben ist mein Spiegel

Alles was ich schreibe, zeigt ein Stück von mir. Ein Bruchstück. Eine Scherbe, manchmal. Und je mehr ich schreibe, desto mehr wird ein Spiegel daraus.

Auf dem Papier kann ich sein, wer ich bin und werden wer ich sein möchte. Das Papier hört mir zu und wirft manchmal ein Echo zurück. Manchmal trifft es mich, weil es mir zeigt, was ich übersehen habe, überdacht und übergangen habe. Dann tröstet es mich, denn diese Klarheit vertreibt den Schmerz. Wenn ich nicht weiter weiß, schreibe ich. Wenn ich traurig bin, schreibe ich.

Das Papier weiß alles über mich, mehr als ich anderen erzählen kann. Das Papier sieht mich und hilft mir dabei, ich selbst zu sein. Es urteilt nicht. Ich vertraue in das Papier, in den Prozess, in meine Hand, die mich und meine Gedanken trägt, ihnen Klarheit gibt und Gewicht verleiht. Ich vertraue dem Papier, das den Geschichten meines Lebens Gestalt gibt, Worte schenkt und sie mich umschreiben lässt, wann immer ich das möchte und bereit dazu bin.

Das Papier ist mein Spiegelbild, nicht immer geliebt und doch sind wir verbunden. Ich lese mich und wenn ich die Spiegelschrift entschlüssle, erkenne ich mich. Ich schreibe mich fort, fort von hier und lande doch immer im Hier und Jetzt.

Wen siehst du, wenn du in den Spiegel siehst?
Kannst du dich lesen, geschrieben in Spiegelschrift?