Das war 2018 – Ein Rückblick auf das erste Jahr von Federschrift

Das war 2018 – Ein Rückblick auf das erste Jahr von Federschrift

2018 ist das Jahr, in dem ich viel Neues begonnen habe und sehr vieles zum ersten Mal getan habe. Was mir vorher unglaubliche Angst gemacht hat, war genau der Schlüssel, um daran zu wachsen. Obwohl ich mein Leben lang Neues gelernt und getan habe, habe ich erst in diesem Jahr begonnen, Veränderung als das anzusehen, was sie sind: positiv und notwendig, wenn wir Neues wagen wollen. Und so habe ich mich langsam, aber bestimmt an das Projekt Federschrift gewagt.

Federschrift in Themen und Zahlen

Obwohl ich die Domain für Federschrift bereits 2015 (!) registriert habe, hat es bis zum März 2018 gedauert bis dort die ersten Artikel zu lesen waren. Die ersten Entwürfe sind 2016 entstanden, doch ich habe lange mit meinem Thema und dem Konzept gehadert.

Dass ich den ersten Artikel überhaupt online gestellt habe, war ein riesengroßer Schritt für mich. Und die Erkenntnis: Wie so oft braucht es nur den ersten Schritt und ich bin froh, ihn gegangen zu sein. Denn daraus haben sich wie von alleine viele weitere Schritte ergeben.

Inzwischen…

  • gibt es auf Federschrift 17 Artikel zu lesen,
  • habe ich sieben Inspirationsletter mit exklusiven Schreibübungen verschickt,
  • hat Federschrift bereits ein Redesign hinter sich,
  • haben mich Mails und Nachrichten mit Feedback von lieben Leserinnen erreicht, die mir zeigen, dass ich auf dem richtigen Weg bin – Danke dafür!

Die beliebtesten Artikel aus diesem Jahr spiegeln genau die Themen wider, die mich durch das Jahr begleitet haben: 

  1. Schreibübung fürs Reisen – Die literarische Postkarte
  2. Schreiben in einer lauten Welt – Die heimliche Stärke introvertierter Menschen
  3. Morgenseiten schreiben – Gegen Blockaden und für mehr Kreativität im Alltag

Schreiben auf Reisen

Aus jedem Land, in das ich reise und aus jeder Stadt, die ich besuche, bringe ich mir Postkarten mit. Ich sammle sie als Erinnerungsstücke, doch ihre Rückseite lasse ich immer leer. In diesem Jahr war ich in Prag und Neapel. Beide Städte habe ich durch Franz Kafka und Elena Ferrante besser kennengelernt. Ich habe mir unterwegs und abends Notizen gemacht von Orten und Beobachtungen und einfach geübt, Geschichten im Alltag wahrzunehmen. Vielleicht spinne ich die Geschichten weiter, vielleicht auch nicht. Das schöne ist, dass ich nun noch lebendigere Erinnerungen als Bilder an die Reisen habe.

Collage aus Bildern von Neapel und der Amalfiküste

Schreiben als Denkwerkzeug

Ein wichtiger Begleiter war und ist mein Journal, in das ich mal morgens, mal abends schreibe. Es hat mich nach langen Pausen wieder an das Schreiben herangeführt und auch dabei geholfen, mit Federschrift zu starten.

Es hilft mir bei Entscheidungen, mich auf Gespräche vorzubereiten und mir meiner Gedanken klarer zu werden. Ich dokumentiere damit mein Denken, mein Leben und meine Entwicklung als leiser Mensch – ohne es hätte ich bei diesem Rückblick so manches vergessen.

Dinge, die ich zum ersten Mal getan habe: Workshops

Abseits von Federschrift habe ich meine erste Redaktionsschulung zum Thema Schreiben fürs Webgehalten. Ich habe mich außerdem getraut für meine Kolleg*innen in der Agentur Blackout Poetry Mini-Workshops zu geben. Um sie anzukündigen, habe ich ein Video-Tutorial gedreht.

Das Schönste daran war, dass ich Menschen dafür begeistern konnte, sich mit Worten auszuprobieren. Die meisten waren nach kurzer Zeit sehr vertieft in ihren Text und so überrascht, dass es „funktioniert“ und ein neuer Text entsteht, indem sie andere Wörter schwärzen. Es sind wunderbare Texte dabei entstanden, von Liebesgedichten bis Lebensweisheiten und kleinen Blitzlichtern. 

early morning

you and me

so simply

we found ourselves

in a silly mood

I love

how we live.

Collage aus Blackout Poetry Texten

Literatur und Lesungen

Groß war meine Vorfreude auf den neuen Roman von Haruki Murakami, der bereits 2017 angekündigt wurde. Im April war er dann da, die Die Ermordung des Commendatore, in gewohnt schönem Folienumschlag, der neben den anderen Murakami-Büchern ein schickes Bild in meinem Regal abgibt. Jeden Abend hat er mich in das geheimnisvolle Atelier am Berg entführt. Schon wenige Monate später kam die Fortsetzung, die leider nicht das fortsetzen konnte, was sie begonnen hatte.

Dann gab es Autor*innen, die ich ebenfalls schon lange lese und die mich jedes Mal erneut beeindrucken. Ich besuchte die Lesungen von Peter Stamm zu seinem Roman Die sanfte Gleichgültigkeit der Welt.

Ich war außerdem bei der Lesung Saskia Hennig von Lange, die Hier beginnt der Wald vorstellte. Ich bewundere ihre drängende und rhythmische Sprache und mag es sehr, ihr beim Lesen zuzusehen, wie sie ihre Hand hebt und senkt, als würde sie ihre eigene Stimme dirigieren.

Sprachlich, aber leider nicht inhaltlich, beeindruckt hat mich Verena Carls Roman Die Lichter unter uns. Rundum gelungen war Eine Liebe, in Gedanken von Kristine Bilkau. 

Collage aus Bilder der Buchmesse, einem Lesungssaal und Büchern

Wie in den letzten Jahren auch habe ich wieder mehr Sach- und Fachbücher, Ratgeber und Blogartikel gelesen anstatt Literatur. Dennoch habe ich mich mit Literatur und Buchmenschen umgeben: Wiederholungstäterin war ich auf dem LitCamp Heidelberg und der Frankfurter Buchmessemit Gastland Georgien. Wie in keinem Jahr zuvor habe mich durch offene Bücherschränke, Antiquariate und Bücherflohmärkte gestöbert – was nicht zuletzt daran lag, genügend Material für Blackout Poems zu sammeln. 

Was zu kurz kam: Das eigene Schreiben

Wie du dir vorstellen kannst, war bei all den Themen nicht viel Platz für meine eigenen Geschichten. Ich habe ein paar Wochen lang einen Kurzgeschichten-Kurs besucht, gelegentlich Miniaturen geschrieben, ein paar Fingerübungen gemacht. Notizen und Ideen für Kurzgeschichten habe ich viele aufgeschrieben, sie liegen alle in meiner Datei zu „zukünftigen Projekten“ ab.

Stattdessen haben mich meine tägliche Energie und Schreibroutinen beschäftigt. Einen Schreibratgeber, den ich wiederentdeckt und angefangen habe von vorne bis hinten durchzuarbeiten, ist Garantiert schreiben lernen von Gabriele Rico. Auch wenn der Titel nicht ideal gewählt ist, sind die Inhalte und das, was beim Schreiben zu Clustern passiert, erstaunlich und hilfreich für mich gewesen. 

Ausblick und Ziele – Woran ich 2019 arbeiten werde

Für 2019 heißt es: Den Weg weitergehen. 

  1. In der ersten Jahreshälfte werde ich eine Ausbildung im Bereich Schreiberatung und Schreibtraining machenum zertifizierte Schreibberaterin zu werden.
  2. Ich arbeite an einem Online-Kurs, den ich auf Federschrift anbieten möchte.
  3. Es soll wieder mehr Geschichten in meinem Leben geben: Ich will Kurzgeschichten und längere Texte schreiben.
  4. Dafür will ich mich einer Schreibgruppe anschließen oder selbst eine gründen, da ich bisher noch nicht das passende Angebot für mich gefunden habe.

Ich freue mich über alle Leser*innen, die mir bis hierhin gefolgt ist, und auch im neuen Jahr weiter dabei sein werden. Es war ein intensives und wechselhaftes Jahr, mit dem ich rückblickend rundum zufrieden bin. Auf diese Anfänge baue ich gerne auf – und auch du darfst dich freuen auf alles, was auf Federschrift noch kommen wird!

Was wünscht du dir für 2019? Gibt es Schreibziele, die du erreichen möchtest? Schreib mir gerne davon in den Kommentaren!

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Warum Vorbilder in der Literatur auch deine Mentoren sind – Lerne von ihnen mit dem Ideenstammbaum

Warum Vorbilder in der Literatur auch deine Mentoren sind – Lerne von ihnen mit dem Ideenstammbaum

Wir alle haben Vorbilder, zu denen wir aufschauen und die wir bewundern. Manchmal geht es auch weiter: Wir wollen sein wie sie. Wir wollen können, was sie können. Ganz besonders, wenn es sich um Vorbilder in der Literatur und Kunst handelt. Wie du in die Lehre deiner Meister gehen und in ihnen geistige Mitstreiter findest, erfährst du mit dem Ideenstammbaum – einer Methode, die der Künstler Austin Kleon in seinem Buch „Steal Like An Artist“ vorstellt.

Was es bedeutet Vorbilder in der Literatur und Kunst zu haben

Ein Vorbild zu haben, ist Trost und eine Bürde zugleich. Es schüchtert ein, weil wir uns an denjenigen messen, die uns meilenweit voraus sind, jahrelange Erfahrung und andere Voraussetzungen hatten. Auf der anderen Seite motiviert und inspiriert uns das Vorbild. Es tröstet uns sogar, weil sie in der Regel selbst Vorbilder hatten, denen sie nacheiferten. Sie alle haben irgendwann begonnen. Also, beginne auch du mit deinem Vorbild.

Klau von deinen Vorbildern – aber tu es wie ein Künstler

Austin Kleon ist Künstler und stiehlt, allerdings tut er es wie ein Künstler. In seinem Buch Alles nur geklaut“ (Originaltitel: Steal like an artist) lädt er dazu ein, offen zu sein, nach guten Ideen Ausschau zu halten, bewusst auszuwählen, womit du dich umgibst, Ideen und Methoden zu sammeln und etwas eigenes daraus machen. Wie ein wahrer Künstler stiehlt, hat er sehr unterhaltsam in seinem TED-Talk auf der TEDxKC vorgetragen.
„Ein guter Künstler weiß, dass nichts aus dem Nichts kommt. Alles Kreative folgt dem, was vorher war.“
– Austin Kleon

Erschaffe deinen Ideenstammbaum

Welche Ideen sind es Wert geklaut zu werden? Na, die deiner Vorbilder. Nimm dir dein Vorbild und beschäftige dich mit ihm. Lies seine Werke, betrachte seine Gemälde, hör seine Musik. Suche nach Texten und Interviews von ihm und über ihn. Besonders spannend sind Tagebücher oder Briefe, in denen sich der Künstler über seinen Schaffensprozess äußert oder erwähnt, welche Menschen ihn geprägt haben.
Recherchiere drei Vorbilder deines Vorbildes und gehe jeweils genauso vor: Betrachte und lies ihre Werke, ihre Themen und ihrer Methoden. Suche dann nach deren Vorbilder… So schaffst du einen Ideenstammbaum, wie Austin Kleon ihn nennt. Stelle dich selbst in die Tradition deiner Vorbilder. Begreife sie als deine Mentoren, die dir ihren Lehrplan in ihren Werken mitgegeben und an denen du dich abarbeiten kannst.

Ideen, die zwischen Buchseiten liegen

Dein eigener Stammbaum bringt dir unglaublich viele Ideen ein und füllt dein Notizbuch. Es geht nicht ums Abschreiben oder Plagiieren, sondern darum, sich mit Inhalten, Handwerk und Denkweisen zu beschäftigen, Anregungen zu finden, Ideen und Gedanken zu kombinieren… und noch mehr, denn „wenn du dich als Teil einer kreativen Reihe von Menschen siehst, fühlst du dich weniger allein, wenn du anfängst, eigene Sachen zu machen.“, schreibt Kleon.

Alte Bücher lehnen in einem Bücherregal schräg übereinander 

So habe ich meine Vorbilder entdeckt

Eine meiner liebsten Autorinnen ist Judith Hermann. Als ich Literaturwissenschaft studiert habe, habe ich mich mit ihren Werken beschäftigt und meine Abschlussarbeit über Literarische Vorbilder geschrieben. Die große Frage lautete, welchen Einfluss Raymond Carver auf die deutsche Kurzgeschichte hatte. Das Feuilleton hat Judith Hermann zugeschrieben, in seiner Tradition zu schreiben, später hat sie seinen Einfluss bestätigt, allerdings hat sie ihn erst nach ihrem Debüt gelesen.
Bei der Suche nach den Einflüssen von Raymond Carver bin ich auf Anton Tschechow und Ernest Hemingway gestoßen. Über diese gelange ich wiederum zu Gustav Flaubert, Victor Hugo, Dante und von dort führt der Weg über Philosophen des antiken Griechenlands hin zu Ovid.

Auf der Suche nach weiteren Ideen-Vorfahren

Die Suche geht auch rückwärts: Wer stellt sich noch in die Tradition, in das Erbe einer der Vorfahren weiter oben im Stammbaum? Welcher Schriftsteller sagt noch über sich aus, diesen oder jeden Einfluss zu haben? Dann schau dir ihn an. So gelange ich über Ernest Hemingway zu Peter Stamm.
Über Querverbindungen lassen sich ebenso künstlerische Vorfahren finden. Haruki Murakami ist ein weiterer meiner liebsten Autoren und interessanterweise hat er die Kurzgeschichten von Raymond Carver ins Japanische übersetzt. Schaue ich nach Murakamis Einflüssen, komme ich an John Irving und Fjodor Dostojevski nicht vorbei.
„[in der] Literaturgeschichte [führen] bekanntlich alle Wege über Carver, Cheever, Hemingway und Kafka zurück nach Babel und Tschechow.“
– Michael Naumann, Rede zur Verleihung des Kleis-Preises 2001 an Judith Hermann.

Die Einflüsse deiner Vorbilder finden

Eine Möglichkeit, die Einflüsse deiner Vorbilder herauszufinden, ist über Goodreads, dem virtuellen Bücherregal. Auf den Autorenseiten gibt es den Punkt „Influences“, unter dem andere Autoren angegeben und verlinkt werden können. Diese Angaben sind nicht allerdings nicht überprüfbar und nur bei den Autoren vollständig gepflegt, die im englischsprachigen Raum erfolgreich sind.
Eine weitere Quelle sind Artikel im Feuilleton. In Rezensionen werden die Werke der Autor*innen gerne in eine Erzähltradition eingeordnet. Dies basiert in der Regeln auf der Analyse von Stil und Motiv. Doch auch hier ist Vorsicht geboten, wie ich in meiner Abschlussarbeit feststellen musste: Manche Zuschreibungen sind konstruiert.
Am zuverlässigsten sind Selbstauskünfte der Autor*innen in Interviews, Vorworten anderer Bücher oder ihren Autorenwebsites – die Frage nach den Vorbildern und Einflüssen ist eine beliebte Frage in Interviews.

In die Lehre der Meister gehen

Hast du deine Vorbilder ausfindig gemacht, male dir den Stammbaum auf. Platziere dich ganz unten auf einem Blatt Papier und trage über dir deine Vorbilder und deren Vorbilder ein. Dieser Baum gibt dir nicht nur eine Leseliste an die Hand, sondern auch einen Lehrplan, den du nach folgenden Leitfragen gestalten kannst:

  • Was hat dein Vorbild alles geschrieben? Gibt es neben Romanen vielleicht Gedichte, Kurzgeschichten, Briefe oder Fragmente?
  • Wie lässt sich der Schreibstil beschreiben, gibt es einen typischen „Sound“?
  • Warum gefällt es dir? Welche Werke empfindest du als schwächer und warum?
  • Wie haben sich Stil und Thema über die Jahre entwickelt?
  • Gibt es ein Lebensthema oder Motiv, das sich immer wiederholt?
  • Wie beschreibt dein Vorbild seinen Arbeitsprozess?
  • Gibt es Ähnlichkeiten zu den Werken deiner anderen Vorbildern? Lässt sich ein Einfluss erkennen?
  • Wie kannst du dich noch von den Texten inspirieren lassen?
Es geht nicht darum, abzuschreiben und wie jemand anderes zu schreiben – das ginge auch gar nicht, sondern zu schauen, was du von deinem Vorbild lernen kannst. Und wenn es ein breiteres Wissen über die Literaturlandschaft ist und das Verständnis, wo du und dein Vorbild herkommen und welche künstlerische DNA euch eint… dann hast du viel gewonnen, und vor allem geistige Mitstreiter, die dich auf deinem Weg des Schreibens unterstützen.
Quellen und weiterführende Literatur

Kleon, Austin (2013): Alles nur geklaut. 10 Wege zum kreativen Durchbruch. München: mosaik.

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Wortreich schreiben – 7 Übungen, die deinen Wortschatz erweitern

Wortreich schreiben – 7 Übungen, die deinen Wortschatz erweitern

Wir legen Wörter auf die Goldwaage, wenn wir sie mit Bedacht wählen. Wir prüfen und vergleichen, welches Wort am besten passt. Dabei greifen wir auf unseren Wortschatz zurück. Stell ihn dir vor wie Worte in einer Truhe. Täglich sammelst du neue Wörter und füllst den Schatz, damit sie dir nicht ausgehen.

Mit jedem Text gibst du etwas von deinem Schatz weg und musst fortan nach neuen Wörtern und Variationen suchen, um weiterhin abwechslungsreich, wortreich und treffend zu schreiben. Dabei helfen dir diese sieben Ideen, mit denen du ganz nebenbei deinen Wortschatz trainierst.

So viele Wörter umfasst ein Wortschatz

In der deutschen Sprache gibt es 5,3 Millionen Wörter. Das zählte die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften im Jahr 2013. Die Zahl der Stichwörter in der aktuellen Auflage des Duden umfasst dagegen 145 000 Wörter. Selbst diese Zahl ist noch hoch verglichen mit den Wörtern, die wir im Alltag gebrauchen.

Unterschieden wird zwischen aktivem und passivem Wortschatz. Unser aktiver Wortschatz meint die Wörter, die wir beim Sprechen nutzen, während der passive Wortschatz die beinhaltet, die wir verstehen, aber nicht aktiv gebrauchen.

Nach Angaben des Duden umfasst der aktive Wortschatz „eines deutschen Durchschnittssprechers 12 000 bis 16 000 Wörter“. Der passive Wortschatz liegt bei mindestens 50 000 Wörter.

Der umfangreichere passive Wortschatz erklärt, warum es zum Beispiel in einer Fremdsprache leichter fällt, Gehörtes zu verstehen als selbst die Sätze zu bilden und auszusprechen.

Was beeinflusst den Wortschatz?

Was uns umgibt, prägt uns. Das gilt in gleicher Weise für den Wortschatz. Es sind die Bücher, die wir lesen, die Menschen um uns herum und überhaupt unser gesamtes Umfeld, beruflich wie familiär.

Nicht zu unterschätzen ist die Kraft, die Sprache auf unsere Gedanken ausübt. Geh bewusst mit den eigenen Worten um, denn sie werden zu Gedanken. Und aus ihnen folgen Taten.

Worte haben noch eine weitere Kraft: Sie sind Türöffner. Sie öffnen uns Welten, die uns bisher verborgen geblieben sind und helfen, sie zu begreifen. Wer eine neue Sprache lernt oder sich ein neues Themengebiet erschließt, kennt es bestimmt. Denn was wir nicht beim Namen nennen können, darüber können wir nicht nachdenken und auch nicht schreiben.

Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt.
Ludwig Wittgenstein.

Mehr zu diesem spannenden Thema liest du in diesem Artikel drüber, wie Sprache unser Denken beeinflusst.

7 Ideen, wie du deinen Wortschatz erweitern kannst

1. Aufmerksam zuhören

Hör in Gesprächen genau hin: Wie sprechen andere, welche Wörter benutzen sie? Warum benutzt du sie nicht oder nur selten? Vielleicht passen die Worte nicht zu dir, aber sie können zu einer deiner Figuren und Geschichten passen. Notiere diese Wörter, bilde Sätze mit ihnen und versuche, sie öfter bei Unterhaltung zu verwenden.

2. Lesen, lesen, lesen

Wenn du dir vornimmst, beim Lesen auf neue Wörter zu achten, dann wirst du sie finden. Ganz egal, ob in der Literatur, auf Blogs, Reiseberichten oder in Fachartikel – überall stehen interessante Wörter, die du vielleicht vergessen hast. Ich habe eine Evernote-Datei mit besonderen Wörtern angelegt. Darin sammle ich bei jeder Gelegenheit schöne Wörter wie meerwärts, bislang, horchen, Aufruhr, taktil. In Literatur aus anderen Epochen oder von internationalen Autoren lassen sich ebenso Wörter neu- oder wiederentdecken.

Mein Tipp für wortreiche Literatur: Die Straße von Cormac McCarthy.
Antike Bücher in einer Glasvitrine

3. Synonyme nachschlagen

Der Blick ins Online Synonym-Wörterbuch steht oft am Ende der Überarbeitung, wenn wir feststellen, dass wir dasselbe Wort mehrfach hintereinander verwenden. Es ist nicht immer sinnvoll, ein Wort durch ein anderes zu ersetzen, dass dessen Bedeutung nicht genau wiedergibt. Schlag es dennoch nach und sieh dir die Ergebnisse an, es gibt dir ein Gefühl für die Bedeutungsnuancen.

Etwas umfangreicher als ein reines Synonym-Lexikon ist ein Thesaurus. Er enthält neben Definitionen und Synonymen auch Antonyme, also Wörter mit der gegenteiligen Bedeutung.

4. Wortfelder bilden

Ein Wortfeld ist eine Sammlung von sinnverwandten Wörtern zu einem Hauptwort. Wortfelder kannst du selbst erstellen, indem du ein Wort als Ausgangspunkt nimmst und ähnlich wie bei einem Cluster vorgehst: Schreibe das Wort auf ein leeres Blatt Papier, assoziiere und notiere dir dazu passende Synonyme.

Ein Beispiel: Lautet der Begriff des Wortfeldes schreiben, könntest du das Feld mit diesen weiteren Wörter füllen: verfassen, notieren, protokollieren, aufschreiben, zu Papier bringen.

Solche Wortfelder lassen sich jederzeit erweitern und wunderbar als digitale Datei abspeichern, falls du einmal auf der Suche nach einem Wort bist oder Ideen für Metaphern benötigst.

5. Lyrik schreiben, lesen und übersetzen

Songtexte und Gedichte arbeiten mit bildhafter und komprimierter Sprache. Jedes Wort sitzt, ist ausdrucksstark und trifft den Leser oder Zuhörer. Mit solchen verdichteten Texten lernst du, so lange nach dem treffenden Wort zu suchen, bis es passt.

Anstelle sie zu schreiben oder lesen, kannst du Songtexte oder Lyrik aus dem Englischen (oder einer anderen Sprache) übersetzen. Hier kommt es darauf an, nicht das erstbeste deutsche Wort zu nehmen, sondern auf Rhythmus, Klang und Bedeutung zu achten. Dabei hilft ein Thesarus und nebenbei lernst du viele neue Wörter, die in deinem Wortschatz bereits Staub angesetzt haben.

6. Das verbotene Wort umschreiben

Die Arbeit am Wortschatz lässt sich in Schreibübungen integrieren. Du könntest beispielsweise den Herbst beschreiben ohne die typischen Wörter rot, gold, Laub zu verwenden. Anstelle die naheliegensten Wörter für die Beschreibung zu nutzen, bist du bei solchen Übungen gezwungen, weiterzudenken, bildhafter und in Metaphern zu schreiben.

7. Werte deine Texte aus

Welche Wörter benutzt du am häufigsten? Oft haben wir Lieblingswörter ohne dass es uns bewusst ist. Am schnellsten findest du es über Online-Tools heraus, die deinen Text auswerten und dabei die häufigsten Wörter zählen. Neben Tools, die deinen Stil analysieren, gibt es solche, die deine häufigsten Wörter auflisten.

Einen Wortschatz aufzubauen braucht Zeit und Übung – und hört im Grunde niemals auf. Er wächst langsam und vor allem dann, wenn du dir neue Wörter regelmäßig notierst und sie anwendest. Lies dir die neuen Wörter gelegentlich durch, bilde Sätze mit ihnen und verwende sie in Gesprächen, damit dein Wortschatz immer reicher und deine Texte wertvoller werden.

Mit welchen Methoden arbeitest du, um deinen Wortschatz zu erweitern?

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Blackout Poetry – Eine kreative Schreibübung für visuelle Gedichte

Blackout Poetry – Eine kreative Schreibübung für visuelle Gedichte

Als Blackout Poet*in begibst du dich auf die Suche nach verstecken Versen. Du liest zwischen den Zeilen und entdeckst eine neue Bedeutung, ja vielleicht sogar eine versteckte Botschaft in einem Text. Alles, was du brauchst, ist ein Text und ein schwarzer Marker und in wenigen Strichen entsteht dabei ein Blackout Poem – eine kreative Schreibübung und Lockerungsübung, die vieles miteinander vereint: Das Spielen mit Worten und die entspannende Wirkung des Ausmalens und das erfüllende Gefühl, ein Gedicht in den Händen zu halten.

Was ist Blackout Poetry?

Ein Blackout Poem entsteht, wenn du alle Wörter eines Textes mit einem Marker schwärzt und nur diejenigen übrig lässt, die du für deinen neuen Text brauchst. Zusammen formen der neue und der geschwärzte Text ein visuelles Gedicht.

Die Idee, Texte in anderen Texten zu finden, hat eine lange Tradition. Bei der Cut-Up-Technik beispielsweise werden Wörter aus der Zeitung ausgeschnitten und zu einem neuen Text zusammengepuzzelt. Diese Ausdrucksform nennt sich Appropriation Art, also die Kunst, sich etwas Fremdes anzueignen, einen Künstler zu kopieren, sich von ihm inspirieren zu lassen, mit seinem Material zu beschäftigen.

Ein Verfechter der Newspaper Blackout Poems ist Austin Kleon. Begonnen hat er damit, während einer Schreibblockade. Als ihm die Worte gefehlt haben, hat er sich die Wörter anderer ausgeliehen. Seit 2005 schwärzt er Zeitungen und hat seine Blackout Poems in die digitale Welt gebracht. Seit Instagram und Pinterest ist es so leicht wie noch nie, seine Werke online zu teilen.

So entsteht ein Blackout Poem – eine Anleitung

Ein Blackout Poem lässt sich in drei Schritten erstellen:

  1. Nimm dir eine Seite Text und einen schwarzen Edding. Als Textmaterial eignen sich Romane, Kurzgeschichten, Zeitungen und Magazine. Du kannst auf Kopien, direkt im Buch oder auf herausgetrennten Seiten schwärzen. Ich bevorzuge die Upcycle-Variante und nehme die Bücher aus Offenen Bücherschränken und trenne die Seiten heraus.

  2. Überfliege den Text und achte auf die Wörter, die dir ins Auge springen oder schön klingen. Überlege dir, welches Thema dahinter steckt und die Worte verbindet. Hast du ein Thema gefunden, solltest du den Text erneut nach passenden Worten absuchen. Wie gut die Wörter zusammenpassen, testest du am besten, indem du die Wörter mit Bleistift unterstreichst, umrandest oder umkreist.

  3. Jetzt ist es soweit: Schwärze alle Wörter, die nicht zu deinem neuen Text gehören. Möchtest du die Seite zusätzlich kunstvoll gestalten, kannst du die Form des Gedichts auf das Thema abstimmen und zum Beispiel eine Uhr, eine Weltkugel, einen Fluss zeichnen oder deine Streichmethode (Punkte, Striche, Wellen) daran anpassen.

So sieht ein fertiges Gedicht aus:

Ein Blackout Poem mit einem goldenen Halbmond und Sternen

Zauber
Sterne umtanzten funkelnd den Mond
von Zeit zu Zeit

Tatsächlich ist es so einfach wie es klingt, denn es gibt keinen falschen Weg, ein Blackout Poem zu erstellen. In meinem Beispiel habe ich goldene Acrylfarbe verwendet. Damit du nicht wie ich, die Worte, die stehen bleiben sollen, knapp oder versehentlich übermalst, solltest du sie vorher mit Korrekturband abkleben.

Du wirst allerdings feststellen, dass nicht jede Seite funktioniert. Der Wortschatz auf einer Seite ist vorgegeben und damit begrenzt. Mit Krimis und Dialogen habe ich zum Beispiel keine guten Erfahrungen gemacht. Bevor ich ein Buch zum Blackout Book erkläre, lese ich mehrere Seiten quer, um zu prüfen, ob Thema und Sprache für mich stimmen. Manchmal hilft es, die Seite umzudrehen, doch wenn auch die Rückseite nichts hergibt, solltest du es mit einem neuen Text versuchen.

Eine eigene Handschrift entwickeln

Mit der Zeit wirst du deine eigene Handschrift für die Gedichte finden. Experimentiere mit Material, Stiften (zum Beispiel Filzsstifen, Buntstiften, Wasserfarben, Aquarellkreide, Acrylfarbe) und variiere in Farben und Formen. Hierzulande ist Dirk von Mentalreserven bekannt für seine sogenannten Textverdunkelungen. Auf Twitter veröffentlicht er sie regelmäßig und sie tragen seinen eigenen, wiedererkennbaren Stil.

Mit Blackout Poetry gegen Perfektionismus

Ein Blackout Poem ist in weniger als 15 Minuten erstellt und damit sehr gut geeignet als eine Übung für Zwischendurch oder zum Aufwärmen. Es ist außerdem eine tolle Kreativübung für Gruppen und Workshops. Sehr schnell hältst du das Ergebnis in deinen Händen und siehst den Erfolg.

Nebenbei ist es eine gute Übung gegen Perfektionismus, denn sobald du alles geschwärzt hast, ist das Gedicht fertig. Es gibt nichts mehr, was du verbessern oder austauschen kannst. Es kommt nicht darauf an, wie akkurat du mit dem Marker streichst. Letztendlich ist ein Blackout Poem ein Produkt des Zufalls aus den Wörtern, die auf einer zufällig ausgewählten Seite stehen und die dich genau in diesem Moment angesprochen haben.

Das Blackout Book als Schreibprojekt

Hast du einmal ein Blackout Poem erstellt, wird es selten bei einem bleiben. Die Schwarzmalerei ist ansteckend und eignet sich wunderbar für eine Reihe. Das können Gedichte sein, die visuell ähnlich gestaltet sind, oder ähnliche Themen behandeln. Es können zudem alles Gedichte aus dem Material einer Autorin oder eines Autor sein.

Kauf dir dafür dein Lieblingsbuch oder das Buch eines deiner literarischen Vorbilder noch einmal, zum Beispiel gebraucht oder in einer anderen Ausgabe und arbeite es Seite für Seite mit Blackout Poems durch. Auf diese Weise beschäftigst du dich mit einem anderen Schreibstil und jonglierst mit Worten – was je nach Material deinen Wortschatz erweitern kann. Gerade wenn du viel auf der Tastatur schreibst, ist das analoge und haptische Arbeiten eine tolle Abwechslung.

Was tun mit dem fertigen Gedicht? – Teilen!

Auf keinen Fall solltest du es in der Schublade verstecken. Teile es mit anderen über Social-Media-Kanäle wie Twitter, Pinterest oder Instagram. Blackout Poems sind außerdem schöne Geschenke. Hat dich ein Wort an einen Freund erinnert, dann mach ihm eine Freude und schicke ihm das Gedicht oder rahme es ein und schenke es ihm.

Ideen, Beispiele und Inspiration für Blackout Poetry

Auf Pinterest, Twitter und Instagram wirst du alleine durch den Suchbegriff Blackout Poetry mit Ideen und Vorlagen überflutet. Auf Twitter findest du deutsche Poesie unter #verstvers. Das steht für die versteckten Verse, die wir in einem Text finden. Etabliert und eingedeutscht hat den Begriff das A&O samt einer ausführlichen Anleitung für Blackout Poetry und das Finden versteckter Verse. Bei Instagram versammeln sich die Gedichte unter #blackoutpoetry #blackoutpoetrycommunity und #newspaperblackout.

Eine Collage aus Beispielen von Blackout Poems auf Pinterest
Ideen und Inspiration für Blackout Poetry auf Pinterest

Diese Beispiele sind ansteckend und machen Lust, gleich selbst zum Text und Marker zu greifen. In diesem Sinne:

„Schreiben ist leicht. Man muss nur die falschen Wörter weglassen.“

Mark Twain
Schreiben in einer lauten Welt – Die heimliche Stärke introvertierter Menschen

Schreiben in einer lauten Welt – Die heimliche Stärke introvertierter Menschen

Kennst du auch die Menschen, die lieber Nachrichten schreiben anstatt anzurufen? Die erst eine kurze Denkpause einlegen, bevor sie sprechen? Ich gehöre zu ihnen und kam erst vor wenigen Jahren dahinter, warum das so ist: Ich bin ein leiser Mensch – ich bin introvertiert.

Mit dem Schreiben habe ich mir zuerst intuitiv und dann ganz bewusst Inseln, Rückzugsorte und ein Denkwerkzeug geschaffen. Schreiben ist mein Weg, um in unserer lauten Welt zu bestehen. Und es ist kein Zufall, warum sich Introvertierte gerne schriftlich ausdrücken und unter ihnen einige Schriftsteller zu finden sind.

Was ist Introversion?

Introversion ist nur ein Ende einer Skala auf deren gegenüberliegenden Seite die Extraversion steht. Wir können im Laufe unseres Lebens und in unterschiedlichen Situationen verschiedene Positionen auf dieser Skala einnehmen. Wir alle kennen Bereiche, in denen wir uns extrovertiert oder introvertiert verhalten. Meist überwiegt die Neigung in eine Richtung. Wer beides zu gleichen Teilen in sich vereint, ist ambivertiert. Geschätzte 30-50 Prozent der Menschen weltweit sind introvertiert.

Die Begriffe introvertiert – nach innen gewandt und extrovertiert – nach außen gewandt gehen auf den Psychologen C. G. Jung zurück. Das wichtigste Merkmal der Persönlichkeitstypen ist, woher sie ihre Energie beziehen. Introvertierte neigen dazu, sich erschöpft zu fühlen, wenn sie viele Eindrücke zu verarbeiten und viele Menschen um sich herum haben. Um neue Kraft zu schöpfen, ziehen sie sich zurück und verbringen zum Beispiel einen ruhigen Abend mit einem Buch. Extrovertierte hingegen blühen in Gesellschaft auf und umgeben sich gerne mit vielen Menschen – daraus ziehen sie ihre Energie.

Ob wir eher intro- oder extrovertiert sind, ist eine Persönlichkeitsfrage und damit zu einem Teil Veranlagung. Introversion zeigt sich beispielsweise in der Ausstattung unseres Nervensystems. Sylvia Löhken, Expertin für introvertierte Menschen, erklärt es in ihrem Buch „Leise Menschen – gutes Leben“ wie folgt: „Intros haben ganz wörtlich ‚längere Leitungen‘ in ihren Hirnen, weswegen die Reize längere Strecken zurücklegen.“ Das heißt, wir verarbeiten Eindrücke langsamer und brauchen mehr Zeit zum Nachdenken.

Was es heißt, introvertiert zu sein

Freunde und Familie haben mich schon immer anders beschrieben als Lehrer oder Arbeitskollegen wenige Woche nach meinem ersten Arbeitstag. Wurde ich in der Schule eher übersehen, war ich in vertrauten Kreisen alles andere als leise. In Gruppen wiederum bin ich ruhiger und in Zweier-Gesprächen merkt man mir meine leise Art nicht mehr an.

Erst als ich einen Artikel über „outgoing introverts“, also introvertierte Menschen mit extrovertierten Merkmalen, gelesen habe, hatte ich endlich die Antworten, nach denen ich lange gesucht habe. Es tat so gut, zu lesen, dass mit mir alles in Ordnung ist. Seitdem kenne ich mich besser und weiß nun, wann ich mich in der Vergangenheit entgegen meines Naturells verhalten habe und ich deshalb an meine Grenzen gestoßen bin.

Warum schreiben gerade die leisen Menschen?

Introvertierte Menschen neigen dazu, verkopft zu sein und die Dinge immer wieder zu durchdenken. Dass gerade leise Menschen schreiben, ist ein Weg und manchmal auch eine Notwendigkeit, die Gedanken zu sortieren und abzustellen. Auf dem Papier, aus dem Kopf – das stelle ich bei mir immer wieder fest.

Weitere Gründe, wie das Schreiben introvertierten Menschen hilft:

  • Schreiben ist entschleunigte Kommunikation: Wir haben mehr Zeit, um über unsere Antwort nachzudenken.
  • Schreiben und Lesen sind einsame Tätigkeiten und Rückzugsorte, die uns helfen, Energie zu tanken.
  • Beim Alleinsein kommen wir eher auf neue Ideen. In einem Essay beschreibt Science-Fiction-Autor Isaac Asimov wie Isolation die Kreativität begünstigt.
  • Schreiben schafft Strukturen und lässt Ideen entstehen. Eine Methode, die beides miteinander verknüpft ist das Schreibdenken von Ulrike Scheuermann.

Introvertierte Schriftsteller

Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, unter Schriftstellerinnen Introvertierte zu finden. Es gibt lange Listen mit Autorinnen, die als introvertiert gelten, z. B. Franz Kafka, Joanne K. Rowling, Haruki Murakami, Emily Dickinson, Edgar Allan Poe, Virginia Woolf…

Schreiben als Stärke im Alltag nutzen

Ihr lieben, leisen Menschen, seid euch dem Schreiben als Stärke bewusst und bringt sie mehr in euren Alltag ein! Damit lässt sich manchmal sogar ausgleichen, was ihr an euch als – vermeintliche – Schwäche wahrnehmt.

Ich habe dem Schreiben deshalb viel Platz in meinem Leben eingeräumt. Durch schwierige Phasen und Entscheidungsfindungen begleitet mich mein Journal, jeden Abend reflektiere ich den Tag in meinem Tagebuch. Meine Arbeit organisiere ich mit Unmengen Notizen – auf Papier und digital. Wichtige Termine bereite ich schriftlich vor, damit mir nicht die Worte fehlen. Im Kundenkontakt setze ich E-Mails gezielt ein – und meine Art, die Dinge fundiert darzustellen und auf den Punkt zu bringen, wird dabei sehr geschätzt.

Mit Freunden kommuniziere ich schriftlich und auch das hat, je nachdem wie lang die Nachrichten werden, etwas sehr Ordnendes für mich. Und ja, auch ich weiß, dass man mit einem Anruf manchmal schneller ans Ziel kommt – und dann rufe ich an, aber nicht ohne mir vorher Notizen zu machen (zumindest wenn es geschäftliche Anrufe sind).

Introvertiert oder extrovertiert?

Mit diesem Online-Test von Sylvia Löhken findest du heraus, ob du eher introvertiert oder extrovertiert bist. Wozu neigst du und wie hilft dir das Schreiben dabei? Wann ist es vielleicht sogar eine Hürde?

Quellen und weiterführende Literatur

Löhken, Sylvia (2017): Leise Menschen – gutes Leben. Das Entwicklungsbuch für introvertierte Persönlichkeiten. Offenbach: GABAL

Scheuermann, Ulrike (2012): Schreibdenken. Schreiben als Denk- und Lernwerkzeug nutzen und vermitteln. Stuttgart: UTB.

Was wir von Creative Writing Kursen in den USA lernen können

Was wir von Creative Writing Kursen in den USA lernen können

Creative Writing (dt.: Kreatives Schreiben) blickt in den USA auf eine lange Tradition zurück. Seit mehr als 100 Jahren wird die Kunst des Schreibens dort an Universitäten unterrichtet. Doch was geschieht hinter den verschlossenen Türen der Workshops? Und wie unterscheiden sie sich von Kursen im Kreativen Schreiben im deutschsprachigen Raum?

Was ist Creative Writing?

Die eine Definition von Creative Writing gibt es nicht. Wikipedia definiert es allgemein zutreffend: “Kreatives Schreiben ist eine Bezeichnung für Schreibansätze, die davon ausgehen, dass Schreiben ein kreativ-sprachlicher Prozess ist, zu dem jeder Mensch methodisch angeleitet werden kann.”

Creative Writing im amerikanischen Verständnis ist auf das Lernen von Techniken des literarischen Schreibens ausgelegt. Kreatives Schreiben entstand in Deutschland während der Schreibbewegung der 1970er Jahre. Hier stand Schreiben als Selbsterfahrung im Vordergrund, doch hat sich mit der Zeit für Theorie, Methodik und Didaktik geöffnet. “Der Schreibbewegung war dabei klar, dass Kreatives Schreiben als Unterhaltung, Selbstverständigung, Selbsttherapie ebenso nützlich ist, wie zur Aneignung von Schreib-Handwerkszeug”, so Schreiblehrer Lutz von Werder(1).

In Schreibkursen, Werkstätten und Workshops an der vhs oder bei privaten Anbietern findet sich hierzulande eine Mischung aus beidem: Übungen, die zum Schreiben anregen und Schreibhandwerk, das vermittelt wird.

Wie wird Creative Writing in den USA gelehrt?

Programme zum Creative Writing gibt es in den USA an fast allen Universitäten. Meist unterrichten es Schriftsteller. Mit 16 Zeitschriften zum Kreativen Schreiben und über 350 Studiengänge hat die USA ein vielfältiges Angebot und eine ausgeprägte Schreibforschung(1).

Der bekannteste Studiengang ist der Iowa’s Writers Workshop an der State University of Iowa. Gegründet 1936 war er der erste Kurs seiner Art, den man mit einem Uni-Abschluss verlassen kann, dem Master of Fine Arts. Dieser Workshop wurde zum Modell für viele weitere Kurse und Master-Programme.

Ein Blick auf die Webseiten der Universitäten, in die Vorlesungsverzeichnisse und Erfahrungsberichte der Teilnehmer verrät, dass die Workshops folgende Methoden gemeinsam haben:

  • Lesen, lesen, lesen
  • Produktive Auseinandersetzung mit Literatur
  • Austausch und Kritik in der Gruppe
  • …und natürlich: Schreiben

Aus der Literatur lernen

Creative Writing ist in den USA entstanden, um die Literaturwissenschaft um einen Praxisbezug zu ergänzen(2). Daher ist die Auseinandersetzung mit Literatur und die Entstehung eines Textes ein wichtiger Baustein, um das literarische Schreiben zu vermitteln.

Denk einmal daran, wie Schriftsteller früher ohne Kurse ihr Handwerk erlernt haben. Sie haben ihre Vorbilder imitiert und mit ihren Texten auf bestehende Literatur geantwortet.

Die wichtigsten Lektionen für das eigene Schreiben lernst du in der Lektüre anderer Autoren. Schau dir die Passagen an, die du brauchst, um dein eigenes Schreiben weiterzuentwickeln, z. B. wie Anfang und Ende gestaltet sind, wie ein bestimmter Erzählton erzeugt wird, wann welche Erzählperspektive gewählt wird, wie Dialoge, Rückblenden etc. geschrieben sind.

Mit der Hilfe von Literaturlisten und einer reader’s response kannst du Bücher gezielt unter bestimmten Schwerpunkten lesen.

Literaturlisten und Leselisten

Jeder Creative-Writing-Studiengang hat seine eigenen Literaturlisten mit Romanen, Gedichten und Kurzgeschichten, die die Student*innen während des Semesters lesen. Hierzulande geben Zeitungen regelmäßig Leselisten heraus (z. B. die SZ-Bibliothek der Süddeutschen Zeitung, Klassiker der Weltliteratur oder einfach Bücher, die man gelesen haben muss) und nahezu jedes Germanistik-Institut hat seine eigene Liste online gestellt.

Tipp: Erstelle eine persönliche Leseliste, die auf deine Schreibziele und dein Genre abgestimmt ist. Sie sollte eine gute Mischung aus Klassikern und zeitgenössischen Titeln enthalten.

Reader’s Response

Jesse Falzoi erzählt in ihrem Schreibratgeber Creative Writing davon, dass sie während ihres Master-Programms zu jedem gelesenen Text eine reader’s response geschrieben hat. Das ist die Antwort eines Lesers auf einen Text, um herauszufinden “was ich für mein eigenes Schreiben lernen konnte” so Falzoi(3).

Eine solche Antwort reflektiert die Leseerfahrung: Wie wirkt der Text und was macht er mit mir als Leser? Und warum? Inwiefern spielt meine eigene Erfahrungen beim Lesen des Textes eine Rolle? Welche Erwartungen habe ich an den Text, wurden sie erfüllt oder in eine andere Richtung gelenkt. Wo hat mich der Text überrascht?

Tipp: Schreibe für jeden Text auf deiner Leseliste eine reader’s response von drei bis fünf Seiten. Hier ist ein Beispiel für ein Reader’s Response von Jesse Falzoi.

Über eigene und fremde Texte sprechen

Woche für Woche erhalten die Student*innen die Aufgabe, Texte zu lesen und selbst zu schreiben. In jeder Sitzung steht ein anderer Text eines Teilnehmers im Mittelpunkt, den die Gruppe unter die Lupe nimmt. Sie diskutieren Inhalt, Handwerk, Wortwahl, Sprache, Form, Anspruch, Wirkung und die Frage: Funktioniert der Text? Der Verfasser darf sich erst zum Schluss zur Kritik äußern.

Tipp: Diese Form der Textarbeit und Textkritik findet sich selten in Kreatives-Schreiben-Kursen. Bist du Teil einer Schreibgruppe? Dann probiert es aus, schickt euch gegenseitig eure Texte, verseht sie mit Kommentaren und besprecht sie gemeinsam. Verständigt euch zuvor darauf, welche Maßstäbe ihr an einen Texte anlegt.

Welche Erfahrung hast du gemacht?

Wie verbesserst du dein Schreiben? Besuchst du regelmäßig Kurse? Schreib es mir gerne in die Kommentare.

Quellen und weiterführende Literatur

1 Hansen, Jan-Christian (2015): Das Dilemma des Schreibunterrichts in Deutschland: Wenn für Schreiben im Deutschunterricht kein Platz ist. disserta Verlag: Hamburg.
2 von Werder, Lutz (2013): Lehrbuch des Kreativen Schreibens. marixverlag: Wiesbaden.
3 Falzoi, Jesse (2017): Creative Writing: Texte und Bücher schreiben. Der neue Kreativ-Schreiben-Kurs in sechzehn Lektionen. Autorenhaus: Berlin.